Heute Abend gibt es zwei Kriminalhörspiele. Oder mehr Sozialstudien? Zweimal Wien, also nur zuhören, wenn der Dialekt verträglich ist.
Zunächst Kottan ermittelt von Helmut Zenker. Der Postbote Franz Lerch bummert vergeblich gegen die Wohnungstür der Witwe Gertrude Klenner, um eine Geldanweisung loszuwerden. Denn Gertrude Klenner ist tot, erstochen mit einem Schraubenzieher. Der Mord erregt in dem Mietshaus, in dem sie zuletzt wohnte, natürlich Aufsehen. Nicht, daß man sonderlich entsetzt wäre, aber man macht sich doch so seine Gedanken. Ober den oder die Mörder zum Beispiel und über deren Motive. Und man ist sich bald einig: In Frage kommen nur die jugoslawischen Gastarbeiter, die bei der Klenner aus und ein gingen. Ist die Klenner nicht im Grunde selbst schuld? Seine Gedanken macht sich auch Kriminalkommissar Kottan, der die Ermittlungen führt. Seit er im Fernsehen als "Mann des Monats" vorgestellt wurde, weil im Vorjahr von 23 Morden 23 aufgeklärt wurden, hat sich sein Vertrauen in seine eigene Nase noch erhöht. Und seine Nase führt ihn ebenfalls schnurstracks zu den Jugoslawen. In diesem Hörspiel wird der Mord aufgeklärt. Aber ganz allmählich verlagert sich das Interesse immer auf die Figuren am Rande, auf die Unbeteiligten, auf die Zuschauer. Hinter deren Fassade aus kleinbürgerlicher Lebensklugheit und Gemütlichkeit kommen zunehmend aggressive Vorurteile zum Vorschein und eine unglaubliche Brutalität.
Danach ein anderer Commissär, mehr als ein halbes Jahrhundert davor: von Cotan. In freier Anlehnung an Die letzten Tage der Menschheit von Karl Kraus hat Otto Brusatti ein gleichnamiges Stück über einen Doppelmord auf dem Wiener Prater geschrieben. Wir schreiben den 28. Juni 1914. Während eines Blumencorsos auf dem Wurstlprater wurden Ferdinand Frantz und seine junge Frau Sophie hinterrücks erschossen. Ferdinand Frantz war der Großneffe von Josef Frantz, dem „Prater-Paten“ der Kleinbudenbesitzer. Joseph ist fest davon überzeugt, dass der zugewanderte Niki Romansky, der Kontrolleur der Gruselkabinette, alle Konkurrenten – die aus Böhmen, Ungarn und Serbien wie die Einheimischen aus dem Weg räumen will, um alleiniger Herrscher über den Prater zu werden. Ist Romansky tatsächlich der Mörder bzw. Anstifter dieses Doppelmordes? Criminalobercommissär von Cotan hat gleich am Tatort ein provisorisches Verhörzimmer eingerichtet, als am Abend kolportiert wird, auch auf dem Balkan habe es einen Doppelmord gegeben...
Start wie üblich um 18 Uhr.